New Work umschreibt als Sammelbegriff verschiedene, meist alternative Arbeitsmodelle und -formen. Bereits Mitte der 1970er Jahre wurde der Begriff geprägt und das Theoriekonzept einer neuen Arbeit entwickelt. Die Idee ist also nicht wirklich neu, sondern eher ein alter Hut. Und dennoch ist New Work gerade heute in aller Munde.
Was ist dran an der neu-alten Anschauung New Work?
7 Fragen – 7 Impulse
Die Frank-Basten-Stiftung stellt Fragen an:
Heiko Miedlich – Experte für New Work
1. Was fasziniert Sie besonders an New Work?
Ich bin ein neugieriger Mensch und New Work bietet sich die Möglichkeit, etwas völlig Neues auszuprobieren. In einem Zitat von Albert Einstein heißt es: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Wir haben aktuell sowohl in globalen als auch in regionalen Kontexten genügend „Probleme“, die uns beschäftigen. Die bisherigen Herangehensweisen haben noch keine wesentlichen Durchbrüche gebracht. Also probiere ich, und eine ganze Menge Menschen mit mir, andere Lösungswege aus.
2. Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung von New Work ein?
Wenn man New Work in eine Internetsuchmaschine als Begriff eingibt, ist die Anzahl der gefundenen Einträge riesig. Darum braucht es m.E. zuerst eine Definition, an der wir die Antwort auf diese Frage messen können. Für mich ist New Work mit folgenden Begriffen untrennbar verbunden:
- nachhaltig
- wertebasiert
- selbstgesteuert und
- eigenverantwortlich
Diese Eingrenzung ist für mich wichtig, weil unter New Work vielfach auch agile Methoden im Projektmanagement, flexible Lösungen den Arbeitsort und die -zeit betreffend etc. verstanden werden. Das sind extrem wichtige Entwicklungen. Sie gehen mir jedoch nicht weit genug.
Nimmt man die für mich wichtigen Begriffe als Maßstab, dann gibt es schon eine Reihe von Organisationen, die nach den hohen Anforderungen arbeiten. Meist wissen sie nichts voneinander. Es gilt also, die guten Entwicklungen zusammenzubringen und voneinander zu lernen. Das beginnt gerade.
3. Wenn Sie König der Welten wären: was würden Sie bzgl. New Work als erstes veranlassen?
Ich würde durchsetzen, dass alle Unternehmen und Organisationen der Gemeinwohlökonomie verpflichtet werden. Damit verbunden entstehen dann nach meiner Überzeugung die wirklich wichtigen New Work Umsetzungen „fast“ von allein.
4. Welchen Nutzen hat die Gesellschaft von New Work?
Bisher gilt in der Gesellschaft die Person bzw. Organisation als besonders erfolgreich, wenn diese möglichst reich ist und/oder möglichst großen Einfluss auf Entwicklungen/Entscheidungen hat. Das hat bisher dazu geführt, dass es einen Raubbau an den Ressourcen dieser Welt und Rücksichtslosigkeit gegenüber der Menschheit gibt. Das wird aufhören (müssen). Wir brauchen dafür einen echten Kulturwandel. New Work, wie ich es verstanden wissen möchte, impliziert nachhaltiges Wirtschaften in dessen Mittelpunkt das Wohlergehen der Menschen und damit der Menschheit steht. Das ist für mich das oberste Zeil unseres Lebens und Arbeitens.
5. Was gibt es bei New Work besonders zu bedenken?
Wie alles was neu ist, verursacht es bei den Menschen, die damit konfrontiert werden, Angst. Diese Angst ist uns angeboren und hat in der menschlichen Evolution eine zentrale Rolle. Diese Ängste, die übrigens auch alle anderen Veränderungs- und Lernprozesse auslösen, gilt es ernst zu nehmen. Es braucht (Experimentier- und) Erfahrungsräume in den andere Arbeits- und Lebensweisen ohne das Ängste auszulösen, ausprobiert werden können. Und dann braucht es nur noch ein klein wenig Mut, es einfach zu tun.
6. Wie könnte der Wissenstransfer von New Work in die Gesellschaft aussehen?
Ich knüpfe an die Antwort der letzten Frage an. Es gibt schon jetzt Erfahrungsräume, in denen man Stunden- und auch Tageweise ausprobieren kann, wie sich New Work anfühlt. Wenn man einmal von dieser Köstlichkeit probiert hat, wird New Work ganz sicher nicht mehr wegzudenken sein. Unsere Erfahrungen in der Working Evolutions GmbH bestätigen das.
7. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass die rechtlichen Hürden für neue Arbeits- und Lebensformen niedriger werden. Ich wünsche mir, dass das Marketing nicht mehr für Gewinnmaximierung eingesetzt wird, sondern einen wichtigen Kultur- und Wertewandel unterstützt, der auch von den Medien (Presse, Rundfunk, Fernsehen, Social Media, …) getragen werden muss. Da müssen wir alle einen Beitrag zu leisten. So lange Sensationsjournalismus auf offene Ohren stößt, so lange wir in Kategorien wie, ich bin besser, schneller, schöner, reicher, wichtiger, … als Du, so lange wir neidisch auf andere schauen, so lange wie wir nicht selbst anfangen ein Teil der Veränderung zu sein, kommen wir nicht weiter. Es gibt einen tollen Song von Michael Jackson „Man in the Mirror“. Der sagt alles.
Vielen Dank für Ihre Impulse!
Heiko Miedlich
ist Geschäftsführender Gesellschafter der Working Evolutions GmbH und Mitglied des Aufsichtsrates der Hochschule der Wirtschaft für Management in Mannheim (HdWM).
Interview geführt am 21. Juli 2021 – Veröffentlichung am 05. August 2021